Von der Rohhaut zum Leder
Die Ledererzeugung ist ein vielfältiger und komplizierter Veredelungsprozess. Ungefähr 40 Verarbeitungsstufen muss eine Haut oder ein Fell durchlaufen, bis aus dem biologischen Rohstoff das Naturprodukt Leder geworden ist. Ein Leder, das sowohl den Anforderungen der Verarbeiter als auch den vielfältigen und modischen Wünschen der Verbraucher entspricht.
frisch angelieferte Rohware
Zur Umwandlung der verderblichen Rohware in beständiges, verkaufsfähiges Leder werden nach wie vor, trotz moderner Gerbverfahren, immer noch mehrere Wochen benötigt. Einige Spezialleder, wie die rein pflanzlich gegerbten Sohlenleder, werden auch heute noch nach traditionellen Gruben-Gerbverfahren, die viele Monate in Anspruch nehmen, hergestellt, um den Ansprüchen an die hohe Belastbarkeit gerecht zu werden. Die Lederherstellung ist damit sehr aufwendig und erfordert viel Sachverstand und Erfahrung beim Gerben.
Ein aufwendiger Verarbeitungsprozess in rund 40 Stufen
Am Anfang der Lederherstellung steht die Vorbereitung der Haut für die Gerbung. Als erster Schritt erfolgt eine Reinigungsstufe der verschmutzten und teils mit Kochsalz konservierten Tierfelle.
Gerbfässer
Im Anschluss werden die Häute von allen Teilen befreit, die nicht in Leder umgewandelt werden können. Die Häute werden enthaart, das Unterhautbindegewebe wird mechanisch entfernt und die nicht kollagenen Eiweiße und Fettsubstanzen in verschiedenen Behandlungsbädern herausgelöst. Alle Wasserprozesse erfolgen dabei in riesigen rotierenden Fässern.
Auch die Spaltung der Haut in den haarseitigen „Narbenspalt“ für Glattlederarten und den körperseitigen „Fleischspalt“ für die rauen Veloursleder erfolgt während dieser Vorarbeiten. Am Ende dieser aufwendigen Verfahren steht die zur Gerbung bereite „nackte“ Haut, die sogenannte Blöße.
Abwelkmaschine
Die gerbfähige Blöße besteht chemisch einzig aus dem zu Leder umwandelbaren Hauptbestandteil einer Haut, dem Kollagen: ein faseriges Bindegewebseiweiß, dessen Moleküle zu einem unendlichen dreidimensionalen Fasergeflecht dicht verwoben sind, das letztendlich für die vielen natürlichen Eigenschaften des Leders, insbesondere seine Strapazierfähigkeit, ausschlaggebend ist.
Die Gerbung
Auf dieses Kollagen lässt man in der nachfolgenden eigentlichen Gerbung, je nach gewünschter Lederqualität, die entsprechenden Gerbstoffe einwirken, die im wässrigen Milieu mit dem Kollagen zu Leder reagieren, das nunmehr, im Gegensatz zur ursprünglichen Haut, widerstandsfähig gegen Fäulnis und Wärmebelastung sowie lager- und transportfähig ist.
Welche Gerbmethode zum Einsatz kommt, wird vom späteren Verwendungszweck des Leders, z. B. als Schuh- oder Möbelleder, für Lederkleidung oder Autoausstattung bestimmt. Während für die abriebfesten Schuhsohlen ausschließlich eine vegetabile Gerbung mit Pflanzenextrakten von Kastanie, Eiche oder Mimosa in Frage kommt, ist die mineralische Chromgerbung für Polster-, Ober- oder Feinleder, die Gerbart der Wahl. Auf Wunsch werden auch chromfrei gegerbte Leder angeboten.
Die Nachgerbung
In den sich anschließenden Prozessen der Nasszurichtung wird der endgültige Charakter des Leders mit Hilfe pflanzlicher, synthetischer oder mineralischer Nachgerbstoffe festgelegt. Die Leder erhalten dadurch eine bessere und gleichmäßige Fülle und erfahren weitere technische Qualitätsverbesserungen.
Färbefässer
Anschließend erfolgt die Färbung, eine Fettung für die Geschmeidigkeit und eine mechanische Auflockerung der Faserstruktur, um bestimmte Eigenschaften wie Elastizität oder Weichheit zu fixieren und, sofern notwendig, eine hydrophobierende Imprägnierung.
Die Zurichtung
Nach all diesen Vorarbeiten gelangen die Leder in den letzten Fertigungsprozess, die sogenannte Trockenzurichtung. Dies ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von mechanischen und chemischen Behandlungen der Lederoberfläche. Hier werden insbesondere die optischen und modischen Merkmale des Leders eingestellt. Aber auch Qualitätsfaktoren wie eine hohe Licht- und Reibechtheit (Farbbeständigkeit) können in der Zurichtung noch wesentlich optimiert werden.
Bei der Endzurichtung erhalten außerdem die unterschiedlichen Ledersorten ihre typische Ausprägung, wie z. B. die samtig weich angeschliffenen Nubukleder. Durch Bedrucken oder Prägen entstehen verschiedene Muster oder attraktive Oberflächen auf dem Leder. Kurz: Das Leder erhält in der Zurichtung “sein endgültiges Gesicht und den letzten Schliff” – wie der Gerber sagt.